Nachfolgebau alte Stadthalle: Steuergelder in Millionenhöhe für eine Brachfläche im Stadtzentrum?
- Redaktion
- 2. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Am 28. Mai hat die Stadtverordnetenversammlung gegen die Stimmen der CDU-Fraktion beschlossen, den Bürgermeister mit Verhandlungen zur Rückabwicklung des Nachfolgebaus der alten Stadthalle zu beauftragen und die bisherigen Beschlüsse zur Realisierung eines Wohn- und Geschäftshauses mit Bibliothek aufgehoben. Mit dieser Entscheidung hat die SVV das vorausgehende Votum des Hauptausschusses bestätigt.

Motive für die Rückabwicklung greifen zu kurz
Als Motive für diese Entscheidung werden vor allem die Verhinderung von weiterem Wohnungsbau im Zentrum und die Rückerlangung von Gestaltungsmöglichkeiten für diese zentrale Zentrumsfläche angeführt. Aus Sicht der CDU-Fraktion greifen beide Motive jedoch zu kurz.
Zum einen hat der Investor inzwischen schriftlich seine Bereitschaft zur Änderung des Nutzungsmix des Nachfolgebaus signalisiert. Damit wäre unter Umständen eine deutliche Reduktion des Wohnungsanteils bei Fortführung des Bauprojektes durch den Investor möglich. Dieses Angebot wird von der Stadtverwaltung ignoriert, obwohl sie ihre Ziele auf diese Weise möglicherweise mit einem wesentlich milderen Mittel als einer millionenschweren Rückabwicklung erreichen könnte. Ein Beschlussvorschlag der CDU, der die Stadtverwaltung damit beauftragen sollte, in ihren Gesprächen mit dem Investor diese Zielrichtung weiterzuverfolgen, hat keine Mehrheit in der SVV gefunden.
Zum anderen ist völlig offen, wofür genau die zurückerlangten Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden sollen. Die Vorstellungen der Parteien, was statt des bisher geplanten Nachfolgebaus entstehen soll, könnten nicht weiter auseinander gehen:
So wünschen sich einige einen Stadtpark, andere ein Kulturzentrum und wieder andere ein Hotel. Auch über die Wiederrichtung des historischen Gutshaues wird nachgedacht. In jedem Fall müssen Willensbildung und Bauplanung wieder von vorne beginnen und werden erneut viele Jahre in Anspruch nehmen. Ein langjähriges Brachliegen der Fläche droht. Auch die Stadtverwaltung bleibt eine Antwort schuldig, welche Pläne sie selbst für das Grundstück hat. Die Zukunft der Fläche ist damit ungewiss. Sicher ist hingegen, dass in den kommenden Jahren nun doch keine neue Bibliothek im Zentrum und auch keine neue attraktive Gastronomie in dieser zentralen Lage entstehen werden.
Rückabwicklung ist mit weiteren gravierenden Risiken verbunden
Des Weiteren gehen mit dem Beschluss der SVV gravierende Risiken einher. Stadt und Investor verhandeln aktuell über die Höhe der Kompensationszahlung der Stadt an den Investor für die Rückabwicklung. Der Investor hat inzwischen bekanntgegeben, dass er eine Zahlung von 5,735 Mio. Euro von der Stadt fordert – ohne, dass auch nur ein Stein auf dem Grundstück errichtet worden ist.
Wenngleich ein offizielles Gegenangebot der Stadt noch nicht existiert, offenbart diese Forderung ein erhebliches Kostenrisiko für die Stadt. Die CDU-Fraktion hat deutlich gemacht, dass sie unter keinen Umständen bereit ist, eine Zahlung in dieser Größenordnung mitzutragen und einen Antrag zur betragsmäßigen Begrenzung des Verhandlungsmandats des Bürgermeisters eingebracht, auch
um den Erwartungen des Investors wirksam entgegenzutreten. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
Wenn Stadt und Investor sich nicht einig werden, tritt der schlechteste Fall ein: es droht ein jahrelanger Rechtsstreit, der die Kosten für die Stadt weiter in die Höhe treibt und die Zeit des Brachliegens der Fläche noch weiter verlängert. Gleichzeitig hat die SVV alle Brücken für eine Rückkehr zum ursprünglichen Projekt mit der Aufhebung ihrer Beschlüsse abgebrochen. Angesichts dieses klaren Abbruchsignals wird sich wohl selbst der gutgläubigste Investor auf eine zweite 180-Grad-Wende nicht mehr verlassen wollen. Ein Antrag der CDU-Fraktion zur vorläufigen Beibehaltung der Beschlüsse zum Offenhalten einer Rückkehroption ist von der SVV mehrheitlich abgelehnt worden.
Die Würfel sind gefallen – vorerst.
Nun hängt zunächst alles am Verhandlungsgeschick des Bürgermeisters ab. Das noch nicht absehbare
Einigungsergebnis zwischen Stadt und Investor unterliegt jedoch erneut dem Zustimmungsvorbehalt der SVV. Text:
JP; Fotos: CDU
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